Im Kopftheater

von guidorohm

Als wäre die Bühne ein Fluss. Ideen treiben vorüber. Kleidungsstücke. Gesichter, an die man sich zu erinnern meint. Eine Geste, die man so ähnlich selbst schon einmal missbrauchte.

Remus hätte sich nie darauf einlassen sollen, und doch sitzt er nun hier. Sie spielen Szenen aus seinem Leben. Das ist ärgerlich. Peinlich. Er sieht sich im Saal um. Ein Traum, es muss ein Traum sein, denn da sitzt nur er. Er sieht sich lachen, Beifall spenden, den Kopf schütteln. Mal nickt er ein, dann wieder kann er den Blick vom eigenen Bühnenleben nicht abwenden. Die Schauspieler geben sich Mühe. Auftritt seines Vaters. Der Tod des Vaters. Das bewegt Remus, denn den erlebte er nicht. Er sieht genau hin. Wer hat schon Gelegenheit, einem Stück über das eigene Leben und Sterben beizuwohnen.

Er hängt sich auf. Tritt mit einem Strick an einen Balken. Das würde er nie tun. Das ist nicht seine Methode. Ein Schwachkopf muss dieses Stück geschrieben haben. Es dauert nicht lange, da baumelt er zum Entzücken des Publikums von der Decke. Remus möchte buhen, möchte gehen. Er möchte vor allem erwachen. Dieses Stück ist eine Lüge. Der Vorhang senkt sich. Eine Pausenklingel ertönt. Remus unterhält sich mit Remus, nur der wahre Remus bleibt stumm sitzen. Nach wenigen Minuten wird zur nächsten Aufführung gerufen. Wieder spielt man sein Leben. Man schickt ihn in die Schule, man sieht ihn stumm in seiner Wohnung sitzen. Später dann sieht man ihn im Anstaltsbett, fantasierend von Geschöpfen, die er Rohm und Wölfin nennt. Nicht lange, dann steht er vor einem Balken. Nicht schon wieder, will er schreien. Er schweigt und beginnt das Unabwendbare zu genießen. Nichts bleibt ihm, als dem Stück der eigenen Tragödie ein wenig Genuss abzugewinnen. Er wird warten. Abwarten. Dieser Traum muss enden. Irgendwann.